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PFLANZENKOHLE
Pflanzenkohle, eine jahrtausendealte, aber in Vergessenheit geratene Kulturtechnik aus dem Amazonasbecken, verspricht viele Vorteile: die Erhöhung der Boden-fruchtbarkeit sowie der Biodiversität, eine bessere Wasserspeicherkapazität der Böden und sogar eine verstärkte Bindung von CO2 und weiteren Treibhausgasen.
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Damit lassen sich Klimaschutz, eine Verbesserung der Bodenqualität und nachhaltige Ressourcennutzung direkt miteinander verbinden! Doch was ist Pflanzenkohle eigentlich genau? Ist sie wirklich eine Art „Wundererde“? Wie wird sie hergestellt? Und wie kann sie verwendet werden?
Geschichte
Wohl schon vor über 8000 Jahren stellten die Ureinwohner*innen des Amazonasbeckens eine schwarze, besonders fruchtbare Erde her, die einen erhöhten Anteil organischen Kohlenstoffs aufweist. Diese Erde, die heutzutage Terra Preta de Índio genannt wird, ermöglichte (und ermöglicht immer noch) eine enorme Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der dortigen Böden. Denn in den tropischen Gebieten Südamerikas sind sogenannte Oxisol-Böden die Norm. Diese sind allerdings oft stark verwittert und sauer womit sie das Wachstum von Nutzpflanzen erschweren.
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Die Terra Preta bestand aus einer Mischung aus Pflanzenkohle, Asche, Knochen, Fäkalien und weiteren Bio- und Siedlungsabfällen, die mikrobiologisch umgewandelt und dem Boden zugeführt wurden. Es ist zwar bis heute unklar, ob dies bewusst oder unbewusst geschah und welcher Aufwand dafür getrieben wurde, allerdings wird zumeist vermutet, dass die schwarze Erde erst unbeabsichtigt entstand und im Anschluss gezielt hergestellt wurde. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass unter anderem wegen der Terra Preta die Bevölkerung im Amazonastiefland bis auf eine Zahl von 6 bis 10 Millionen Menschen anwachsen konnte. Denn durch die hohe Fruchtbarkeit dieser Bodenart mit ihren vielen Nährstoffen, geringem Säuregehalt und der guten Wasserspeicherfähigkeit waren mehrere Ernten pro Jahr möglich. [5]
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Hast du Lust noch mehr über die Geschichte der Terra Preta zu erfahren? Dann schau dir dieses Video an:
Dieses Video ist Teil des Bildungsmaterials zur Pflanzenkohle im Rahmen des Projektes „Verwertung von Gemüse- und Grünschnittabfällen zur Herstellung von Pflanzenkohlesubstrat für ein klimafreundliches Gärtnern – Modellprojekte in der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ an der FU Berlin gefördert durch die DBU.
Neben der Terra Preta de Índio gab es auch andere Funde nährstoffreicher Schwarzerden unter anderem in Ghana, Sierra Leone, Liberia, Guinea, Japan, Israel, Borneo und Norddeutschland, doch das Amazonastiefland ist nach derzeitigem Forschungsstand wohl das Gebiet mit dem größten Vorkommen an Pflanzenkohle (die ja, wie wir nun wissen, Bestandteil der Terra Preta ist). [5]
Auch eine der Techniken zur Herstellung von Pflanzenkohle, die Pyrolyse (dazu kommen wir später noch) wurde schon seit Jahrtausenden zur Herstellung von Holzkohle verwendet. Dennoch wurde der wissenschaftlichen Erforschung der Pflanzenkohle und ihrer vielfältigen Anwendungen über lange Zeit nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Doch unter anderem durch die Suche nach Lösungsansätzen gegenüber den durch den Klimawandel verursachten Problemen änderte sich dies in den letzten Jahren.
Was ist Pflanzenkohle nun genau?
Nach aktuellem Forschungsstand ist für die hohe Fruchtbarkeit der Terra Preta de Índio insbesondere die enthaltene Pflanzenkohle verantwortlich. Diese wird aus Pflanzenresten hergestellt, die unter Ausschluss von Sauerstoff verschwelt werden (also stark erhitzt, aber nicht direkt verbrannt, denn dafür wäre schließlich Sauerstoff notwendig). Auf diese Weise wird der in den Pflanzen enthaltene Kohlenstoff in stabilem Material eingeschlossen, also karbonisiert. [3]
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Die Anwendung von Pflanzenkohle kann dazu beitragen, der Atmosphäre für einige Jahrhunderte Kohlenstoffdioxid zu entziehen und dabei die Qualität und den Nährstoffgehalt der Böden zu verbessern, die Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben. [3]
Eine besonders wichtige Eigenschaft der Pflanzenkohle ist dabei ihre hohe Porosität, also ihre sehr große Oberfläche auf kleinem Volumen. So kann ein Gramm Pflanzenkohle eine „ausgerollte“ Oberfläche von 100 bis 300 m² besitzen. [1]
Wozu?
Die großen Problematiken des Klimawandels, der Gefährdung der Ökosysteme, des Artensterbens und der Verwüstung sind weit bekannt. Doch wie kann nun Pflanzenkohle Bestandteil einer Möglichkeit sein die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre zu senken und den Klimawandel zu bekämpfen?
Dies hängt mit dem natürlichen Kohlenstoffzyklus zusammen, denn Kohlenstoff ist in der Natur ein wertvoller Energieträger und zentraler Zellbaustein.
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So wie es einen natürlichen Wasserkreislauf gibt, so gibt es auch einen natürlichen weitestgehend geschlossenen Kohlenstoffkreislauf: Pflanzen, Algen und einige Bakterienarten nehmen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre auf und bilden daraus langkettige Kohlenstoffmoleküle, die sie in ihr Zellgewebe einbauen. Stirbt eine Pflanze, so wird sie durch Mikroorganismen und weitere Tiere zersetzt und zerfällt. Der gespeicherte Kohlenstoff gelangt größtenteils nach kürzerer oder längerer Zeit als Kohlenstoffdioxid oder Methan zurück in die Atmosphäre. [2] (Eigentlich spielen auch viele andere Bestandteile wie Tiere, Meere, Gestein usw. eine Rolle, diese wollen wir der Einfachheit halber hier aber außen vorlassen. Falls es dich interessiert, findest du hier ein Video zur Erklärung.)
Diagramm des Kohlenstoffkreislaufes. Die schwarzen Zahlen zeigen wie viele Milliarden Tonnen Kohlenstoff (Gt C) in den verschiedenen Reservoiren vorhanden sind. Die blauen Zahlen zeigen an, wie viel Kohlenstoff zwischen den einzelnen Speichern pro Jahr ausgetauscht wird.
Nun ist der globale Kohlenstoffkreislauf allerdings durch menschliches Einwirken wie Landnutzung oder die Verbrennung fossiler Energieträger in ein Ungleichgewicht geraten, sodass die Konzentration an Kohlenstoffdioxid (und Methan) in der Atmosphäre um ein Vielfaches größer ist als dies zuvor der Fall war. Die wichtigste Maßnahme, um die daraus entstehende Erderwärmung abzubremsen ist es, CO2-Emissionen zu vermeiden. Dennoch kann es auch lohnend sein, über negative Emissionen, also die „Entfernung“ von Treibhausgasen aus der Atmosphäre, nachzudenken. Erforscht und diskutiert werden dazu unter anderem großflächige Aufforstung, Bioenergie mit CO2-Abscheidung und Speicherung, Luftfilter und eben auch Pflanzenkohle.
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Mithilfe von Pflanzenkohle soll dabei Kohlenstoff, der in Pflanzen gespeichert ist und normalerweise durch natürliche Zerfallsprozesse direkt wieder zurück in die Atmosphäre gelangen würde, für mehrere Jahrhunderte in der terrestrischen Biosphäre (den Böden) gespeichert werden. Grund dafür ist, dass die Pflanzenkohle im Gegensatz zur nicht-verkohlten Biomasse kaum mikrobiell abbaubar ist
Herstellung
Eine Möglichkeit zur Herstellung von Pflanzenkohle ist die (oben bereits erwähnte) Pyrolyse, griechisch für Pyr = Feuer, lysis = Auflösung. [1]
Dieses Verfahren wurde schon seit Jahrtausenden von Köhler*innen zur Herstellung von Holzkohle angewendet: es werden Holzscheite zwischen Erdwänden (den sogenannten Meilern) gestapelt, angezündet und abgedeckt. Heutzutage werden dazu meist effizientere und umweltverträglichere Prozesse verwendet, aber das Prinzip ist auch für die Herstellung von Pflanzenkohle dasselbe: unter weitestgehendem Ausschluss von Sauerstoff werden beliebige Biomassen (Pflanzenreste, Stroh, Holz, Gülle etc.) erhitzt. Ein solcher Prozess heißt thermo-chemische Spaltung. Dabei entsteht ein energiereiches Synthesegas, das zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden kann, sowie die Pflanzenkohle. In dieser sind etwa 65% des zuvor enthaltenen Kohlenstoffs aufkonzentriert und stabilisiert. [3][2]
Hier noch ein kurzes Video, das die Herstellung und Verwendung von Pflanzenkohle gut zusammenfasst:
Dieses Video ist Teil des Bildungsmaterials zur Pflanzenkohle im Rahmen des Projektes „Verwertung von Gemüse- und Grünschnittabfällen zur Herstellung von Pflanzenkohlesubstrat für ein klimafreundliches Gärtnern – Modellprojekte in der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ an der FU Berlin gefördert durch die DBU.
Ein weiteres Verfahren, das wir hier zumindest erwähnen möchten, ist die Hydrothermale Karbonisierung, kurz HTC. Bei dieser sogenannten „nassen Verkohlung“, wird die Biomasse in wässriger Phase und unter hohem Druck erhitzt. Dabei entsteht ein Biogas, das zum Beispiel zur Stromerzeugung genutzt werden kann, sowie die Pflanzenkohle. Obwohl bei diesem Verfahren ein größerer Anteil des in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoffs stabilisiert wird, ist es im Allgemeinen erst in großen Maßstäben von vielen Tonnen Pflanzenkohle pro Tag wirklich wirtschaftlich. [3]
Eigenschaften von Pflanzenkohle im Boden
Einerseits stellt Pflanzenkohle eine Möglichkeit dar, um der Atmosphäre Kohlenstoff zu entziehen und mittelfristig zu speichern. Andererseits kann sie aber auch bei der Bekämpfung anderer Probleme helfen. Dazu gehören vermehrte Dürreperioden, Erosionsprobleme, Degradation, Versalzung, Bodenkohlenstoffverlust oder die Ausdehnung von Wüsten, die zu einer Reduktion der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche führen. Allerdings steigen zeitgleich die Ansprüche an Nahrung und die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen.
Durch ihre hohe Porosität kann Pflanzkohle die Fähigkeit des Bodens verbessern, Nährstoffe und Wasser zu speichern. Zudem erhöht sie den pH-Wert saurer Böden, sodass Pflanzen besser wachsen können. [4][5]
Eine gute Zusammenfassung weiterer Eigenschaften findest du in diesem Video:
Dieses Video ist Teil des Bildungsmaterials zur Pflanzenkohle im Rahmen des Projektes „Verwertung von Gemüse- und Grünschnittabfällen zur Herstellung von Pflanzenkohlesubstrat für ein klimafreundliches Gärtnern – Modellprojekte in der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ an der FU Berlin gefördert durch die DBU.
Dennoch sind noch nicht alle Effekte der Pflanzenkohle ausreichend geklärt. Eine starke Auswirkung hat sie insbesondere dort, wo die Böden selbst schon stark problembehaftet sind (wie eben die Oxisol-Böden im Amazonastiefland). [5]
Anwendung
Die Anwendungsmöglichkeiten von Pflanzenkohle sind vielfältig, mit ihrer Hilfe können Nährstoffkreisläufe effizienter gestaltet und auch die Industrie in diese eingebunden werden. Dennoch ist nur der gezielte und strategische Einsatz, nicht die pure Einarbeitung in den Boden wirklich sinnvoll.
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Eine besonders vielversprechende Weise der Anwendung ist dabei die Kaskadennutzung, bei der stickstoffreiche Nährstoffüberschüsse aus der Tierhaltung mit der kohlenstoffhaltigen, langlebigen Pflanzenkohle verbunden werden. Durch Beimischungen kann die Futterqualität und somit auch das Verdauungsmilieu der Tiere sowie die Stallhygiene verbessert werden. Werden Gülle und Tretmist im Anschluss kompostiert, entsteht wertvolle Schwarzerde – eine Art Terra Preta, die dann wiederum die Fruchtbarkeit und den Humusaufbau der Böden fördert. [2]
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Auch ohne Tierhaltung kann die Beimischung von Pflanzenkohle im Kompost dessen Qualität verbessern wie folgendes Video zeigt:
Dieses Video ist Teil des Bildungsmaterials zur Pflanzenkohle im Rahmen des Projektes „Verwertung von Gemüse- und Grünschnittabfällen zur Herstellung von Pflanzenkohlesubstrat für ein klimafreundliches Gärtnern – Modellprojekte in der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ an der FU Berlin gefördert durch die DBU.
Ökonomisch sinnvoll ist die Nutzung von Pflanzenkohle insbesondere bei (holzigen) Sonderkulturen mit hoher Wertschöpfung wie Reben, Obst oder Gemüse und in der Tierhaltung. [5]
Allerdings existieren auch weitere marktfähige Produkte auf Basis von Pflanzenkohle. Dazu zählen Bindemittel für Toiletten, Fischzuchtmittel, Isolationsmaterial, Reduktionsmittel in der Metallurgie, Filtermittel etc.. [2]
FAZIT
Richtig eingesetzt kann Pflanzenkohle dazu verwendet werden, Kohlenstoff über mehrere Jahrhunderte in der terrestrischen Biosphäre zu speichern und ihn somit der Atmosphäre zu entziehen. Weiterhin kann sie die Fruchtbarkeit, Qualität und Resilienz der Böden fördern, sodass Nutzpflanzen besser wachsen können und die Böden zudem resilienter gegenüber den Folgen des Klimawandels werden. Darüber hinaus ist Pflanzenkohle auch als Beimischung in der Tierhaltung von großem Nutzen. [2]
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Allerdings kann sie auch nicht als „Wundererde“ bezeichnet werden: Ihre Effekte zeigen sich nur dort am stärksten, wo der Boden selbst schon problembehaftet ist. Nicht jeder Boden profitiert also in gleichem Maße.
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Damit Pflanzenkohle darüber hinaus überhaupt spürbar zur Reduktion der Treibhausgase beitragen kann, wäre es notwendig, sie in Maßstäben von mehreren Millionen Tonnen herzustellen. Da dafür dann jedoch auch große Mengen an Biomasse benötigt werden, stellt diese zudem einen begrenzenden Faktor dar. [4]
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Außerdem darf auch die Energiebilanz, die sich durch lange Transportwege verschlechtern kann, nicht vergessen werden. Eine mögliche Lösung wären viele kleine dezentrale Anlagen anstelle von wenigen großen, wobei sich allerdings die Frage der Wirtschaftlichkeit stellt. [3]
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Insgesamt gesehen besteht noch viel Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um alle Effekte von Pflanzenkohle (eventuell auch noch unbekannte negative) sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten besser zu verstehen.
Dennoch ist Pflanzenkohle eine vielversprechende Möglichkeit, die sowohl Vorteile für die Bodenqualität als auch für die Reduktion von Treibhausgasen in der Atmosphäre mit sich bringt.
[1] Schemel, B. (2019). Pflanzenkohle. Module für die berufliche und schulische Bildung. FU Berlin, gefördert durch DBU, Berlin.
[2] Schmidt, H. P. (2012). Pflanzenkohle–eine Schlüsseltechnologie zur Schließung der Stoffkreisläufe. Ithaka Journal, 2012, 75-79.
[3] Schrader, C. (21.09.2019). Die Zukunft der Biokohle. Spektrum der Wissenschaft
[4] Teichmann, I., & Wittenberg, E. (2014). " Biokohle in der Landwirtschaft: Möglicher Nutzen für Klima, Böden und Pflanzen": Sechs Fragen an Isabel Teichmann. DIW-Wochenbericht, 81(1/2), 14-14.
[5] Quicker, P., & Weber, K. (2016). Biokohle. Herstellung, Eigenschaften und Verwendung von Biomassekarbonisaten. Wiesbaden.